01/25 Sanieren mit Struktur
BAUEN
Sanieren mit Struktur
Die Hübscher Holzbau AG hat im Aussenquartier von Schaffhausen einem Bungalow ein neues Outfit aus Holz verpasst. Die strukturierte Holzschalung ist eine Spezialität des Unternehmens. Mit ihr können Gebäude nicht nur ästhetisch aufgewertet, sondern auch energetisch saniert werden.
Text Sue Lüthi Bilder Hübscher Holzbau AG
Das Einfamilienhaus von 1969 kam in den 2000er Jahren zu einem neuen Eigentümer. Der winkelförmige Bungalow mit Flachdach steht in einem durchmischten Aussenquartier, wo die Stadt Schaffhausen allmählich zu Wald und Wiese übergeht und auch den einen oder anderen Gewerbebau beheimatet. In dieser Zone hat sich die Bauherrschaft nun eine optische Aufwertung ihres Hauses gewünscht und es zugleich energetisch in die Gegenwart gebracht. Der Bauherr, selbst Architekt, beauftragte die Hübscher Holzbau AG mit dieser Aufgabe. Seit 2021 ist Vivien Sohn die Geschäftsführerin des Unternehmens mit Sitz in Beringen (SH).
Frau Sohn, welche Art von Aufträgen bearbeitet die Hübscher Holzbau AG?
Vivien Sohn: Das ändert sich von Jahr zu Jahr und ist sehr unterschiedlich. Dieses Jahr waren es tendenziell mehr Sanierungen. Wir haben viele Privatkunden. Der Auftraggeber dieses Projekts ist ein Bekannter von uns, er wollte unbedingt eine Lösung mit Holz. Unsere Architekturabteilung unterstützte ihn mit der Projektierung und es war schnell klar, dass wir den Weg zusammen weitergehen und wir die Arbeit für ihn ausführen würden. Jetzt bemerken wir, dass Neubauten und Anbauten wieder vermehrt Fahrt aufnehmen. Was wir am Markt spüren, ist, dass umsichtiger gebaut wird: Man schenkt dem Thema Nachhaltigkeit mehr Aufmerksamkeit. Nicht jede und jeder muss ein eigenes neues Haus haben, sondern die Kundschaft plant mit Anbauen, Aufstocken und Umnutzen, was auch für kleinere Budgets attraktiv ist. Das ist für unsere Architekturabteilung spannend.
Was war der Grund für den Umbau des Objekts?
Das Gebäude sollte an die Bedürfnisse der neuen Familie angepasst werden. Diese hatte das Haus vor gut 20 Jahren gekauft und wünschte sich nun mit zwei Kindern eine wohnlichere Gestaltung und eine optische Veränderung. Um mehr Licht hineinzubringen, bauten wir ein Dachfenster ein. Gleichzeitig wurde auch energetisch ein Schritt getan, so dass sich die Familie dort wohlfühlt. Das Energiesystem hat der Bauherr, ein Architekt, selbst an die Hand genommen. Er hat eine Wärmepumpe installiert sowie Solarpaneele aufs Flachdach und – wo sinnvoll – an die Fassade montiert. Das Dach erhielt eine neue Dämmung und Beschichtung, die Fassaden wurden mit einer 3D-Holzschalung bekleidet.
Was ist eine 3D-Holzschalung?
Das ist ein Produkt von uns, eine Verschalung mit unterschiedlich breiten und unterschiedlich starken Holzlatten. Dadurch erhält die Fassade mehr Struktur und wird zum «Eye Catcher». Gerade wenn nur ein Geschoss eingekleidet wird, wirkt die Fassade lebendiger. Sie ist lösemittelfrei behandelt, was uns ein grosses Anliegen ist. Wenn es geht, bestellen wir das Holz bereits beschichtet und fertig bearbeitet. Doch oft führen wir die Verarbeitung bei uns im Werk aus. Vielfach ist die Farbwahl zu Beginn noch nicht klar und die Kundschaft entscheidet sich erst, wenn das Material schon da ist. Bei diesem Projekt ergab eine Vorfabrikation keinen Sinn und wir haben alles vor Ort verarbeitet.
Arbeiten Sie mit bestehenden Plänen oder braucht es eine Massaufnahme?
Meistens findet man bestehende Pläne, auch bei diesem Umbau. Gerade bei Fassadenbekleidungen gibt es genug Spielraum bei der Montage, so dass für die Bestellung und die Produktion die Genauigkeit weniger relevant ist. Die Verkleidung für das Einfamilienhaus kam direkt auf das bestehende, einschalige Mauerwerk: Sie besteht aus einer Kreuzlattung mit Mineralwolldämmung (2 × 120 mm), einer Winddichtung, einer Kreuzlattung mit Hinterlüftung (2 × 30 mm) und der 3D-Holzschalung. Das ergibt einen U-Wert von 0,16 W/m2K. Im Innenbereich musste natürlich ausgemessen werden und auch der Einbau der Lichtkuppel forderte genaues Arbeiten.
Was bedeutet für Ihr Unternehmen, das an der Grenze zu Deutschland liegt, die Herkunft des Holzes?
Das Thema ist schwierig. Ich war letzthin in einer Erfa-Gruppe bei einem Holzbauunternehmen, das auch Schweizer Holz thematisierte. Holz aus eigenen Wäldern ist für uns in Schaffhausen fast unmöglich, da der Kanton wenig eigenes Holz hat und das wenige für die Stadt und die Gemeinden nutzt. Für uns ist regionales Holz wichtig. Wir müssen wirtschaftlich attraktiv sein und schauen, dass die Kundschaft vom Preis nicht abgeschreckt wird. Zudem muss die Qualität stimmen. Darum arbeiten wir mit Partnern zusammen, die die Qualität hochhalten, die Lieferungen kontrollieren sowie regional bleiben, das heisst, dass wir auch Material aus Deutschland beziehen. Man muss überlegen, was Nachhaltigkeit bedeutet.
Ist es für Sie schwierig, Schweizer Holz zu beziehen?
Nein, das nicht. Es gilt, verschiedene Punkte zu betrachten. Unsere Lieferanten haben ja Schweizer Holz. Die Frage ist: Wie viel? Auch sie bilanzieren, welche Holzmenge sie insgesamt zur Verfügung haben und wie hoch dabei der Anteil Schweizer Holz ist. Das gilt für schweizerische wie für deutsche Lieferanten und auch für andere Baustoffe. Und dann schauen wir auch auf den Preis. Wir sind immer noch ein KMU, ein Schweizer Unternehmen, jedoch in der Grenzregion. Material aus Graubünden zu beziehen, wäre dann schon fragwürdig. Doch sind wir natürlich am Thema Nachhaltigkeit interessiert. Für ein Stadion bei Berlin haben wir zum Beispiel die Idee ins Team eingebracht, das Projekt de- und wiedermontierbar zu gestalten. Es wurde tatsächlich so gebaut, jetzt ist es eingelagert. An diese internationalen Aufträge, wie zum Beispiel Pavillons für Expos, gelangen wir, weil oft ein eingespieltes Projektteam angefragt wird.
Wie kamen Sie zu Ihrer Tätigkeit im Holzbau?
Das Management ist meine Leidenschaft. Ich habe darin das gefunden, was mir Spass macht. Ich weiss nicht, woher es kommt, aber es ist da und ich stehe jeden Morgen gerne auf und freue mich über meine Arbeit. Holz als nachhaltiger Baustoff hat mich interessiert. Es ist ein zukunftsträchtiges Material, hat Potenzial auf dem Markt und wächst nach. Und es ist angenehm anzufassen – die Gleise und Steine, mit denen ich vorher zu tun hatte, sind schon harte, kalte Werkstoffe. Holz ist warm, gesund und ein «cooler» Werkstoff. Doch langfristig ist für die Nachhaltigkeit wahrscheinlich ein Mix von allen Materialien am sinnvollsten.
Was sagen Sie zum Thema Frauen in der Holzbaubranche?
Wir sind in unserem Unternehmen sehr engagiert, danach zu schauen, dass das Umfeld für Frauen stimmt, dass sie akzeptiert und anerkannt werden. Dann fühlen sie sich wohl und sind bereit für diese Berufe. Bei uns im Betrieb sind wir gut unterwegs, wir sind zwölf Frauen – auf dem Bau, in der Planung und im Einkauf. Man muss offen sein für flexiblere Arbeitszeiten und auch schauen, dass die Mitarbeiter offen dafür sind, denn es ist sehr wertvoll, Frauen im Team zu haben. Da ich die Firma führe, bewerben sich automatisch auch Frauen, sie fühlen sich angesprochen.
Geschäftsführung, Familie, Doktorarbeit, wie organisieren Sie das? Zum Beispiel die Kinderbetreuung?
Das wurde ich auch bei der Einbürgerung gefragt. Unser Sohn ist jetzt im zweiten Kindergartenjahr – aber nicht in unserem Dorf, sondern in der International School in Schaffhausen (ISS). Das Angebot im Dorf dauert von 8.30 Uhr bis 11.45 Uhr und das wars! Wenn beide Elternteile arbeiten, geht das nicht. Bei uns in der Familie helfen alle mit: Mein Partner ist zu Hause stark engagiert und kümmert sich auch um das Kind. Zudem unterstützen uns die Grosseltern, so dass wir eine gute Balance gefunden haben. Nächstes Jahr kommt der Kleine in die Schule, das wird spannend, da gibt es wieder mehr zu organisieren.
Energetische Dach- und Fassadensanierung
Projekt: Einfamilienhaus Schaffhausen
Realisierung: 2023
Bauherrschaft: privat
Architektur: Hübscher Holzbau AG, Beringen (SH)
Holzbauunternehmen: Hübscher Holzbau AG, Beringen
Holzmenge und -art: 350 m2 3D-Holzschalung, 8 m3 Unterkonstruktion, Fi/Ta
Gebäudevolumen: 800 m3
Bruttogeschossflächen: 268 m2
Baukosten total: CHF 180 000
Hübscher Holzbau AG
Vivien Sohn (37) studierte ursprünglich in Potsdam (DE) Architektur, fand jedoch die Tätigkeit in der Bauleitung viel interessanter. Sie kam in die Schweiz und arbeitete hier als Bauleiterin, unter anderem im Bereich Infrastruktur bei den SBB, für die sie Bahnhöfe, Fahrleitungen und Gleise baute. Das Führen von Grossprojekten ist ihre Passion. Mit einem Master in General Management verfügt sie über das Wissen und die Energie, die Hübscher Holzbau AG zu führen. Seit 2012 wurde die Hübscher Holzbau AG zunächst von Holzbauingenieur Michael Hübscher geführt, der in das elterliche Unternehmen einstieg und zu einem Gesamtleistungsanbieter im Bereich des modernen Holzbaus formte. Seine Eltern Fritz Hübscher und Suzanne Hübscher sind immer noch im Betrieb in Behringen (SH) tätig, sie hatten das Unternehmen 1978 ebenfalls von der Elterngeneration übernommen. Der Betrieb wuchs von 30 auf heute 65 Mitarbeitende und 12 Lernende an, so dass Michael Hübscher 2021 seine Rolle wechselte: Er übernahm den Posten seiner Partnerin Vivien Sohn – die bereits Verwaltungsratspräsidentin war –, damit sie sich ganz dem operativen Teil der Geschäftsführung widmen konnte. huebscher.net