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06/23 Komfort im Strohhaus

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Mut zur Massaufnahme

Das Fenster braucht ein Futter – ein idealer Auftrag für einen Lernenden. «Geh hin und messe das aus», sagt der Vorgesetzte. Ein paar Tipps, wie die Massaufnahme für Lernende den Schrecken verliert und zur interessanten Aufgabe wird.

Text Sue Lüthi Skizzen Thomas Traud, Peter Isler

 

Auf den Millimeter genau arbeiten Zimmerleute. Das Mass zur Arbeit gibt der Plan. Doch manchmal gibt es keinen Plan und die Situation erfordert eine Massaufnahme. Als Beispiel soll ein Fensterfutter ausgemessen und montiert werden. Die Aussparung ist gemacht, das Fenster montiert und der Vorgesetzte übergibt der oder dem Lernenden den Auftrag, eine Massaufnahme zum Erstellen für das Fensterfutter durchzuführen. Da prasseln gleich mehrere Gedanken auf die Person ein: Wie geht das? Ich kann nicht zeichnen! Wo fange ich an? Was muss ich messen?


Ein Auftrag
Die Massaufnahme lässt sich einfach in einzelne Schritte aufsplitten. Ein Lernender muss nicht gleich alles wissen. Einen Auftrag empfangen bedeutet nicht, dass Fragen nicht erwünscht sind. Im Gegenteil, fragen ist nötig, um die Aufgabe zu präzisieren. Auch gut ist, den Auftrag vor Kollegen oder dem Vorgesetzten in eigenen Sätzen zu wiederholen und damit zu bestätigen, das verstanden wurde, was zu tun ist. Das ist nicht peinlich oder blöd, sondern zeugt von Interesse und Kompetenz. Wiederholen und Bestätigen sind übrigens Kommunikationsmittel, die in vielen verantwortungsvollen Jobs ange­wendet werden – zum Beispiels in der Luftfahrt, der Marine, der Polizei und dem Militär.


Wie vorgehen?

Das Nächste ist die Organisation: Wann ist der optimale Zeitpunkt? Eine Massaufnahme von einem Fenster dauert bis zu 30 Minuten. Den Vorgesetzten fragen, welche Unternehmen vor Ort sind, damit man sich nicht in die Quere kommt. Informationen zur Baustelle einholen: Gibt es Parkplätze, ist das Gebäude offen? Wie sieht es mit der Sicherheit aus? Wer ist die Ansprechperson vor Ort? Muss man sich ankündigen? Und dann konkret zum Auftrag: Wie wird die Fensterbank ausgebildet und welche Masse hat der Wetterschenkel?


Was mitnehmen und was messen?

Zum Zeichnen gehören ein Bleistift und ein Block Papier. Zum Aufnehmen ein Doppelmeter, eine Wasserwaage, ein Linienlaser, eventuell ein Lasermessgerät. Ein Situationsplan kann hilfreich sein, auch ein Foto vom Fenster kann später nützlich sein. Messen muss man die Brüstungs- und Sturzhöhe sowie die Rohmasse der Öffnung. Ebenso die Wandstärke und der Wandaufbau. Umherschauen: Gibt es andere Fenster im Raum? Deren Sturz- und Brüstungshöhen aufnehmen und die bestehende Futterkonstruktion notieren. An das Gefälle der Fensterbank denken. Mit dem Linienlaser Referenzhöhen checken.


Das Zeichnen

Was soll auf das Blatt? Üblich sind ein Querschnitt durch Sturz und Brüstung, ein Leibungsdetail sowie vielleicht eine Ansicht. Beim Zeichnen tauchen Fragen auf: Wo und wie kann das Futter befestigt werden? Ist eine Ausholzung nötig? Nützlich ist, die Masslinien und Koten vorher einzuzeichnen. So weiss der Lehrnende gleich, was er messen muss. Mitten bei der Arbeit taucht vielleicht plötzlich der Bauherr auf und sagt: «Ich möchte das Futter in Lärche, wie auf der anderen Seite auch. Können Sie das in einer Woche liefern?» Grundsätzlich antworten die Lernenden im Stil von: «Ich kläre das gerne ab und Sie erhalten von uns Bescheid.» Lernende sollen nicht entscheiden und nichts versprechen, sie sind noch nicht in alle Prozesse eingeweiht. Sie können die Wünsche des Bauherrn notieren und seinen Namen aufnehmen. Am Schluss der Massaufnahme kommt auf das Blatt das Datum, der eigene Name, der Zeitaufwand und die Baustelle.


Vorausdenken als Supplement

Sieht die Zimmerin, der Zimmermann schon, wie das Futter montiert werden soll? Welche Befestigungsmittel würden sich eignen? Braucht es Abdeckmaterial, ein Gerüst? Wird das Holz noch behandelt? Solche Notizen können hilfreich sein. Generell gilt: Lieber zu viel aufschreiben.
> Siehe auch Grundbildungsordner 5, üK-Lehrmittel, Kapitel 9, Massaufnahme

Tipps

Zum Beispiel ein Fensterfutter:

  • Zuhören, überlegen: Was ist genau gefragt?
  • Notieren, was einem zum Thema in den Sinn kommt, zum Beispiel: Was für eine Fensterbank wird montiert?
  • Fragen aufschreiben, Auftrag in eigenen Worten formulieren
  • Den Vorgesetzten fragen, Aufgabe bestätigen lassen, das gibt Sicherheit
  • Was muss ich mitnehmen? Aufschreiben oder bereitlegen
  • Den Einsatz organisieren: Welche Zeit ist optimal, wer ist vor Ort verantwortlich, gibt es Parkplätze?
  • Welche Masse brauche ich?
  • Was zeichne ich? Schnitt, Brüstung, Sturz, Leibung, Ansicht, Perspektive?
  • Foto von der Aussparung, von anderen Fenstern und der Situation machen
  • Aufnahme mit Namen, Datum, Baustelle, Zeitaufwand versehen
  • Bei Fragen oder Wünschen von externen Personen auf dem Bau keine Versprechungen machen, auf Abklärung verweisen
  • Vorausdenken: Was muss bei der Montage beachtet werden? Was im Kopf ist, notieren