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03/24 Alt und neu

BAUEN

Schlüsselelemente in der Landschaft

Im ländlichen Baselbiet zeugen 270 Feldscheunen von der landwirtschaftlichen Arbeit im 18. Jahrhundert. Heute prägen sie die Landschaft, sind wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen und erhaltenswerte Kulturdenkmäler. Der Verein Basel­bieter Feldscheunen setzt sich für deren Erhalt ein.

Text VBF, sl Bilder Barbara Saladin, Markus Zentner

 

Feldscheunen sind im ländlichen Baselbiet unverfälschte Zeugen der vergangenen Baukultur. Durch ihre nutzungsbedingte Lage im offenen Land prägen sie das Landschaftsbild vor allem im oberen Kantonsteil mit. Sie stehen aber auch für eine vergangene landwirtschaftliche Bewirtschaftungsform, die mit den vor Ort vorhandenen Mitteln und ohne Motorisierung betrieben wurde. Die meisten Feldscheunen sind heute gefährdet, da sie in der modernen Landwirtschaft ihre Nutzung verloren haben und darum vernachlässigt werden. Die Bestrebungen, dieses Kulturgut zu erhalten, helfen mit, das bauliche, kulturelle und landschaftsprägende Erbe und damit das Oberbaselbiet zu bewahren.


Früher als Heuhäuschen genutzt
In alter Zeit bewirtschafteten die Menschen das Land von den Dörfern aus. Mit dem Wachstum der Bevölkerung wurden immer abgelegenere Landstücke gerodet. Auch wurden einzelne Stücke oder ganze Landkomplexe von Bauern zu Wiesen eingezäunt (früher «eingeschlagen» genannt). Auf solchem Land errichteten die Leute Heuhäuschen, von denen sie im Spätherbst das Heu ins Dorf fuhren, oder kleine Stallscheunen, wo das Heu gelagert und nachher dem Vieh verfüttert wurde. Die Einschlagbewegung und damit der Bau dieser kleinen Gebäude in freier Flur fanden ihren Höhepunkt im 18. Jahrhundert. Die Bauten geben einen Einblick in die Konstruktionsarten, die früher in der Gegend üblich waren. Anzutreffen sind die Verwendung von Holz im Block- und Ständerbau, in massivem Bruchsteinmauerwerk sowie in Dachkonstruktionen in allen Varianten.


Rettung der Scheune Laimenrain

Am Fuss des Kettenjuras liegt der Laimenrain beim Dorf Zeglingen (BL). Das Gelände ist steil und für die Feldscheune haben die Arbeitenden damals den Boden aufgeschüttet. Sie legten die Schwellen auf kurze Pfosten aus wiederverwendetem Holz und untermauerten danach die Konstruktion. Es ist schwer zu beurteilen, für welche Bauteile frisch geschlagenes Holz und für welche wiederverwendete Balken eingesetzt wurden. Der bergseitige, in den Hang eingeteufte Teil diente wohl ursprünglich dazu, die Zugtiere vorübergehend einzustallen. Später richteten die Hirten dort einen Aufenthaltsraum mit einer Feuerstelle ein. Der Boden über diesem Teil ist durch ein breites Tor zugänglich. Das Heu wurde hier eingebracht und in den Heuraum abgeworfen. Der talseitige Giebel weist ein breites, hoch liegendes Tor auf, durch das ein aussen bereitstehender Schneggen (Schlittenkarren mit Rädern und Kufen) beladen werden konnte.


Datierung nur ungefähr

Wann genau die Feldscheune Laimenrain errichtet wurde, kann nicht gesagt werden. Bei der Restaurierung fanden die Mitarbeitenden auf dem Dach vier datierte Ziegel mit den Zahlen 1809, 1812, 1814 und 1815. Aufgrund dieser Entdeckung nehmen die Experten an, dass dort 1815 ein Gebäude errichtet wurde. Allerdings dürfte es sich dabei um einen Vorgängerbau gehandelt haben. Der angetroffene Baubestand entstammt vermutlich in weiten Teilen einem Umbau des späten 19. Jahrhunderts.


Als reizvollen Ort erhalten

Die Scheune und deren unmittelbare Umgebung bilden eine wichtige Kleinstruktur im sonst offenen Gelände der Zeglinger Bergmatten. Sie soll weiterhin dem Weidebetrieb dienen und als Stauraum genutzt werden. Die mächtige Linde, die dem Ort zusammen mit der Feldscheune ihren besonderen Reiz verleiht, wurde begutachtet und fachmännisch gepflegt. Aufgeschichtete Bruchsteine aus der Umgebung bilden Haufen für Kleintiere.


In einem ersten Schritt sicherten

Zivildienstleistende die Biberschwanzziegel und bereiteten sie auf. Ebenfalls dokumentierten sie unter fachlicher Anleitung die gesamte Holzkonstruktion und demontierten sie, sodass diese für die Aufarbeitung in der Werkstatt transportiert werden konnte. Im Betrieb restaurierten die Zimmerleute das Holzwerk, stellten es instand und richteten die gesamte Holztragstruktur inklusive Dach wieder auf. Für die Restaurierung wurden – wo immer möglich – die vorhandenen Teile wieder eingesetzt. War das Holz in zu schlechtem Zustand, wurde es ersetzt. Zuletzt wurde das Dach mit den originalen Biberschwanzziegeln wieder gedeckt. An den bereits zuvor verkleideten Partien der Fassade brachten die Mitarbeitenden eine neue Holzbretterverschalung an. Die Restaurierung der Scheune Laimenrain erfolgte grösstenteils im Jahr 2019. Der Eigentümer führte bis zum Frühjahr 2020 letzte Arbeiten in Eigenleistung aus.
baustelle-denkmal.ch/de/projekt/feldscheune-laimenrain-zeglingen-bl/

 

«Landschaft zeigt, wer wir sind»

Markus Zentner aus Sissach (BL) ist Gründungsmitglied und Präsident des Vereins Baselbieter Feldscheunen. Als gelernter Zimmermann EFZ und Geschäftsführer der Firma Holzwege ist er ein ausgewiesener Experte für Denkmalpflege. Zentner erklärt die Bedeutung der Feldscheunen und warum sie erhalten werden sollten.

Warum sind Feldscheunen so wertvoll?

Markus Zentner: Es gibt verschiedene Betrachtungsfelder, wenn wir über den Wert von Feldscheunen oder ganz grundsätzlich von kulturhistorischen Schlüssel-Elementen in der Landschaft sprechen. Zum einen zeigt sich deren Wert in der Landschaftswirksamkeit, denn diese Bauten prägen das Landschaftsbild mit ihrer lokaltypischen Architektur entscheidend. Zum anderen sind sie wichtige Kleinstrukturen innerhalb landwirtschaftlich genutzter Flächen. Als wertvolle Trittsteine fördern sie die Vernetzung und dienen als Brut- und Rückzugsplätze für Vögel und diverse Kleinsäuger. Greifvögel nutzen die hohen Giebel der Feldscheunen gerne als Sitzwarte. Der Naturwert dieser Bauten und ihr Beitrag an die Biodiversität sind entsprechend nicht zu unterschätzen. Ein weiteres wichtiges Betrachtungsfeld rückt den Denkmalwert dieser Gebäude in den Fokus. Dieser zeigt sich im Wesentlichen im kulturhistorischen Zeugniswert, der in der originalen Bausubstanz steckt und das gebaute Objekt zum Wissensträger einer vergangenen Epoche macht. So liegt beispielsweise der Denkmalwert in der Erforschung und Dokumentation der Materialität, Konstruktion, Gestaltung und der Raumbezüge, die unmittelbar mit dem Bauzweck und der ursprünglich angedachten Funktion des Bauwerks innerhalb der Landschaft in Verbindung stehen.

Wie kam es, dass Sie den Verein Baselbieter Feldscheunen gegründet haben?

Wir waren drei Gründungsmitglieder. Grundsätzlich hat mich mein beruflicher Hintergrund dazu bewegt, weil ich als Zimmermann zunehmend mit dem Zerfall dieser Bauten konfrontiert wurde. Anfänglich fehlte die Übersicht, wo und warum sich eine Intervention lohnt. Oftmals fehlten auch die Mittel, um überhaupt eine Sicherung oder Instandstellung angehen zu können. Als Verein wollten wir uns professionalisieren und die Lücke zwischen Eigentümern, Behörden und Geldgebern schliessen.


Wie haben die Feldscheunen Ihren beruflichen Weg beeinflusst?

Der Fokus auf die Feldscheunen als gebaute Objekte entstand während meiner Berufsausbildung, als ich mich mit Handwerk, Konstruktion und traditioneller Bauweise mit dem Regionalbezug zu unserem Kulturraum auseinandergesetzt habe. Nochmals später, während meines Nachdiplomstudiums in Denkmalpflege, ist mir der Wert dieser Bauten zusätzlich bewusst geworden. Im sorgsamen Umgang mit unserem Kulturerbe zeigt sich die Verbundenheit einer Gesellschaft mit ihrem Lebensraum und ihre Anerkennung der kulturellen Werte, die sie als Gemeinschaft hervorgebracht hat. Landschaft zeigt, wer wir sind!

Was kann die Politik für die Erhaltung der Scheunen beitragen?

Ich wünsche mir von der Politik, dass sie gezielt die Qualitäten, die Eigenart und Vielfalt der Baselbieter Kulturlandschaft fördert und stärkt, und zwar so, wie das in den bestehenden Gesetzestexten formuliert ist. Zudem wäre es erstrebenswert, die bereits vorhandenen Inventare zu berücksichtigen und die Schutzziele der BLN-Gebiete Bölchen-Passwang und Tafeljura umzusetzen. 


Gekürzte Version aus «Feldscheunen im Baselbiet»

Verein baselbieter Feldscheunen (VBF)

Die rund 270 Feldscheunen, die im Baselbiet überdauert haben, wurden 1980 in einem unverbindlichen Inventar erfasst. Etwa ein Drittel davon sind als besonders erhaltenswerte Gebäude eingestuft. Der Verein Baselbieter Feldscheunen wurde 2010 gegründet. Sein Ziel ist, auf die Feldscheunen als Teil der Landschaft und als Zeuge der Baukultur aufmerksam zu machen. Der Verein führt Arbeitstage durch, um kleinere Schäden an vernachlässigten Objekten zu beheben, und setzt sich dafür ein, dass möglichst jedes Jahr eine Scheune instand gesetzt werden kann. Er unterstützt die Eigentümer mit beratender Hilfe und Mitarbeit. Eine Mitgliedschaft beträgt 40 Franken im Jahr. feldscheunen.ch