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03/24 Alt und neu

BAUEN

Alt und neu beim Tête-à-Tête

Im Herzen Buchs – dort, wo die Quelle des Wettibachs entspringt – entstand neben dem historischen Gasthaus Traube ein Boutiquehotel mit 14 Zimmern. Ein Bau, der mit viel Liebe zum Detail geplant und ausgeführt wurde.

Text Susanne Lieber Bilder Roland Lichtensteiger, Bureau Kohlplatz Pläne Berger & Partner AG

 

Das Gasthaus Traube blickt bereits auf eine annähernd 200-jährige Geschichte zurück. Und auf eine bewegte: Im Laufe der Jahre wurde immer wieder umgebaut, angebaut und die Räumlichkeiten wurden umgenutzt.


Historischer Kontext

Ursprünglich diente das etwa 1835 errichtete Gebäude als Taverne, wenige Jahre später wurde hier Bier gebraut. Davon zeugen heute noch die denkmalgeschützten Kellergewölbe, zu denen auch der sogenannte Eiskeller gehört. Hier lagerten Eisblöcke, die zum Bierbrauen und zur Kühlung des Gerstensafts im Sommer benötigt wurden. Als die Brauerei ausgelagert wurde, entstand im Jahr 1884 aus dem Sudhaus der Traubensaal, der mit prächtigen Täfern und Wandbildern im Jugendstil beeindruckt. Im Zuge einer Totalsanierung in den letzten beiden Jahren wurde der gesamte Bau nun weitestgehend wieder auf seine ursprünglichen baulichen Strukturen zurückgeführt und den heutigen technischen Ansprüchen angepasst – in enger Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege. Unter anderem sind der Traubensaal sowie der Saal im Obergeschoss, in dem bis 1904 das Gericht tagte, entsprechend restauriert worden.

Harmonisches Ensemble   

Im vergangenen Jahr wurde das historische Gasthaus direkt nebenan mit einem viergeschossigen Hotelneubau nach den Plänen des ortsansässigen Architekturbüros Berger & Partner AG ergänzt. Auf dem massiven Sockelgeschoss aus weiss verputztem Einsteinmauerwerk thront ein Holzbau, für den Daniel Alpiger und sein Team von der Alpiger Holzbau AG mit Hauptsitz in Sennwald (SG) verantwortlich zeichnen. Kontrastreich hebt sich die schwarze Holzfassade vom hellen Erdgeschoss ab. Das Boutiquehotel – ein Hotel mit wenigen, aber exklusiven Zimmern – bildet mit dem historischen Gasthaus, dessen Fassade mit kleinen weissen Holzschindeln belegt ist, ein harmonisches Ensemble. Ergänzt werden die beiden Gebäude im Aussenbereich mit einer dazwischenliegenden Terrasse. In verschiedene Bereiche zoniert, bildet diese einen stimmungsvollen Raum unter freiem Himmel und mit Sichtbezug zu markanten Gebäuden des Ortes: Von hier blickt man beispielsweise auf den nahe gelegenen Turm der evangelischen Kirche, der spitz in den Himmel ragt. Ebenfalls nur wenige Schritte entfernt befinden sich die Gemeindebibliothek und das Alte Rats- und Gerichtsgebäude, in dem heute die Musikschule untergebracht ist.


Holzbau «auf Eis»
Der Hotelneubau, der direkt über dem historischen Eiskeller und auf den Fundamenten einer alten Scheune sitzt, ist vom ersten bis dritten Obergeschoss als schichtreduzierter Massivholzbau konzipiert worden. Damit wurde beabsichtigt, nicht nur eine möglichst ressourcenschonende Konstruktion zu schaffen, sondern auch eine vereinfachte, bei der es weniger kritische Übergängen zwischen den einzelnen Schichten gibt. Die hinterlüftete Fassade besteht aus Fichtenholz. Das Besondere hierbei: Die Oberfläche des Holzes wurde verkohlt. Oder mit anderen Worten, es wurde die japanische Yakisugi-Methode angewandt. Durch die Verkohlung verändert sich die Zellstruktur des Holzes, sodass dieses auf natürliche Weise widerstandsfähiger wird gegen Feuchtigkeit sowie Pilz- und Schädlingsbefall. Abschliessend wurde die schwarze Fläche zum Schutz vor Abfärben geölt. Beim Fichtenholz handelt es sich übrigens um regional geschlagenes Holz, genauer gesagt um Holz aus dem nicht weit entfernten Toggenburg. Auch bei der Vergabe der Arbeiten wurde auf Regionalität geachtet und Handwerksbetrieben aus der Umgebung der Vorzug gegeben. So auch dem Holzbauunternehmen von Daniel Alpiger, der stark mit der Gegend verwurzelt ist und dort schon viele Holzbauprojekte realisieren konnte. Zum neuen Boutiquehotel erklärt er: «Bei diesem Bau handelt es sich um ein Projekt mit besonders hohem Qualitätsanspruch, nicht nur bei der Ausführung, sondern auch, was die Materialwahl angeht. Dass hier nicht nur bei der Fassade, sondern auch im konstruktiven Bereich auf heimisches Holz gesetzt wurde, ist grossartig.»


Hohe Schallschutzanforderungen

Eine besondere Herausforderung beim Erstellen des Hotels waren die hohen Anforderungen an den Schallschutz. Für den Bau, dessen Geschossdecken als hybride Holz-Beton-Konstruktionen ausgeführt sind und dessen Treppenhauskern aus Beton besteht, mussten entsprechende Massnahmen ergriffen werden. «Um den Schallschutzanforderungen gerecht zu werden, haben wir Schalldämmlager zur Reduzierung der Flankenübertragung eingesetzt», erklärt Dominik von Büren, Projektleiter Bauphysik vom Holzbau­ingenieurbüro Pirmin Jung Schweiz AG.


Genauso sorgfältig wie der Bau an sich konzipiert und erstellt worden ist, wurden auch die Räume und das Interieur gestaltet. Vom schlichten, aber elegant wirkenden Empfangsbereich geht es im Erdgeschoss ins sogenannte Gartenzimmer, das morgens als Frühstücksraum und tagsüber als Bistro dient. Die Liebe zu natürlichen Materialien – allen voran Holz – und zu einer hochwertigen Verarbeitung ist überall zu spüren, vor allem auch in den vierzehn Hotelzimmern. So handelt es sich beispielsweise bei den Wandverkleidungen aus diagonal verlegter Eiche um «Schreinerarbeiten vom Feinsten», erklärt Architekt Rolf Berger begeistert und fügt an: «Wir hatten wirklich in allen Bereichen tolle Handwerker!»


Natürlich kommt im Hotel Traube

auch die Kulinarik nicht zu kurz. Die Speisekarten vom Traubensaal und von der Braustube bieten für jeden Geschmack etwas. Und in den historischen Gewölbekellern lagern mehr als 1100 verschiedene Weine und Champagner. Der Eiskeller, in dem auch Degustationen stattfinden, ist hierbei durch einen unterirdischen Gang direkt mit dem historischen Gasthaus verbunden.
berger-partner.ch, gasthaus-traube.ch

Boutiquehotel Traube

Projekt: Neubau (ergänzend zu historischem Gasthaus Traube)
Fertigstellung: 2023
Bauherrschaft: Katvan Immo AG, Buchs (SG); Katharina Schertler-Secli und Ivan Secli
Architektur: Berger & Partner AG, Buchs
Holzbauingenieur/Brandschutz/Bauphysik: Pirmin Jung Schweiz AG, Sargans (SG)
Holzbau: Alpiger Holzbau AG, Sennwald (SG); Projektleitung: Cyrill Bont
Konstruktion/Tragwerk: schichtreduzierter Massivholzbau ohne Vorsatzschalen
Holzart (Fassade): karbonisiertes Fichtenholz (Yakisugi)
Holzart (Innenausbau): Eiche
Schreinerarbeiten (u.a. Wandverkleidungen): Dütschler Schreinerei AG, Salez (SG); Schreinerei Teuscher AG, Trübbach (SG); A. Wehrli AG, Buchs
Inneneinrichtung: Ruth Kramer (Interiordesignerin), Katharina Schertler-Secli (Inhaberin)
Bruttogeschossfläche: 1300 m2
Gebäudevolumen: 5200 m3
Besonderheiten: Holz stammt aus dem nahe gelegenen Toggenburg (SG)
Gesamtkosten: CHF 13,2 Mio.


Alpiger Holzbau AG

Bereits im Alter von 23 Jahren gründete Daniel Alpiger – zusammen mit einem ehemaligen Ausbildungskollegen – seinen Holzbaubetrieb. Seit 1998 ist das Unternehmen stetig gewachsen. 2017 wurde es mit einer ersten Zweigniederlassung in Triesen (Fürstentum Liechtenstein) erweitert. Ein Jahr später kam die Alpiger Living AG hinzu. 2020 folgte dann die Zweignieder­lassung Wildhaus im Toggenburg und 2022 die Gründung der Alpiger Gruppe. In­zwischen beschäftigt der moderne Produktionsbetrieb für Holzbau 93 Mit­arbeitende. Letztes Jahr wurde Daniel Alpiger in die Zentralleitung des Verbands Holzbau Schweiz gewählt und ist in dieser Funktion zuständig für den Bereich Bildung.
alpiger-holzbau.ch